Warum die 50+1-Regel weg muss!

(photo: ©Sam Wolff, creative commons (CC BY 2.0))

Mein erster Artikel für diefussballfreunde.de und dann direkt so einer. Eine Forderung, bei der jeder Fußballromantiker und jeder eingefleischte Ultra auf die Barrikaden gehen und Sturm laufen wird. Und trotzdem bin ich überzeugt: Die 50+1-Regel ist ein Relikt und wird dem modernen Fußball nicht gerecht.

Die 50+1-Regel

Aber was ist die ominöse 50+1-Regel überhaupt. Ein Blick in die Satzung des DFBs gibt uns Aufschluss. In § 16 c Absatz 2 steht folgendes geschrieben: „Eine Kapitalgesellschaft kann nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft im Ligaverband erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist (…). Der Verein („Mutterverein“) ist an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt („Tochtergesellschaft“), wenn er über 50 % der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt.“

Kurzum: Beim Einstieg eines Investors müssen mindestens 51 % der Stimmanteile (die Mehrheit) beim Verein bleiben. Investoren wird so eine Möglichkeit zur Mitwirkung gegeben. Das letzte Wort haben am Ende aber immer der Verein und seine Mitglieder.

Aber wofür gibt es diesen Passus eigentlich? Auch das ist schnell gesagt, ob es stimmt, sei dahingestellt. Mit der 50+1-Regel sollen die sportlichen Interessen der Vereine gewahrt bleiben und nicht wirtschaftliche Interessen von privaten Investoren in den Vordergrund rücken. Soweit so gut.

Ausnahmefälle

Aber wo es Regeln gibt, gibt es Ausnahmen. Ausnahmen, bei denen dem Fußballromantiker der Hals anschwillt. In Worten: Bayer 04 Leverkusen, VfL Wolfsburg, TSG 1899 Hoffenheim. Denn bei denen ist die 50+1-Regel außer Kraft gesetzt. Möglich macht das eine Zeile ebenfalls aus § 16 c Absatz 2 der Satzung des DFB, die da lautet:

„Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet das Präsidium des DFB auf Antrag des Ligaverbandes.“

So wie es bei Leverkusen mit Bayer, Wolfsburg mit Volkswagen und Hoffenheim mit Dietmar Hopp (SAP) der Fall ist. Und 2018, so raunt es durch die Wälder, mit Hannover 96 und Martin Kind (Hörgeräte Kind). Ausnahmen bestätigen die Regel?

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Die 50+1-Regel verstößt gegen geltendes Recht

Warum die 50+1-Regel aber nun abgeschafft gehört? Ganz einfach: Weil sie gegen geltendes Recht verstößt. Michael Eginger hat sich in einer Seminararbeit umfangreich mit dem Thema auseinandergesetzt und kommt zum eindeutigen Schluss, dass die Regelung nicht nur gegen nationales, sondern auch gegen europäisches Recht verstößt und vor einem ordentlichen Gericht mit Sicherheit keinen Bestand hätte. Lösungsvorschläge gibt er gleich mit an die Hand. Sehr lesenswert: Seminar zum Sportrecht.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Rechtsanwalt Mark-E. Orth, der die 50+1-Regel vor allem unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten für fragwürdig hält: Verstoß gegen Kartellrecht.

50+1 verhindert die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Fußballs

Solange die 50+1-Regel weiter besteht, werden wir uns weiter beschweren, dass die Spanier und vor allem die Engländer die Preise kaputt machen und sich deutsche Mannschaften außer Bayern und vielleicht noch Dortmund lange vor den entscheidenen Phasen aus den europäischen Wettbewerben verabschieden.

100 Millionen für Pogba sind eben mittlerweile so normal wie es 35 Millionen Euro für einen André Schürrle (sic!) sind. Das Problem: In Deutschland sind nur wenige Vereine dazu in der Lage, damit auch nur halbwegs Schritt halten zu können. Diese Lücke könnte – höchstwahrscheinlich nur – mit mehr privaten Investoren geschlossen werden. Denn ansehnlich ist die Bundesliga allemal. So wären auch „kleinere“ Clubs, ob mit oder ohne Tradition, in der Lage, „Stars“ zu verpflichten und in der Liga konkurrenzfähiger zu werden (siehe China). Dass Geld und Erfolg nicht automatisch Hand in Hand gehen, zeigen Wolfsburg und Leverkusen mit beeindruckender Stabilität (mit einem kurzen Ausrutscher Wolfsburgs).

Auf der anderen Seite haben viele Fans Angst, dass ihre Vereine zu bloßen Spekulationsobjekten verkommen und der Fußball vollkommen kommerzialisiert wird. Letzteres ist allerdings längst der Fall. Eine Entwicklung von der 50+1-Regel weg würde der Marktmacht, die der Fußball und seine Profis haben, nur gerecht werden. Ein allzu großes Mitspracherecht von Investoren ließe sich per vereinsinterner Satzung begrenzen wie das beispielsweise beim FC Bayern der Fall ist. Auf der anderen Seite gibt es Vereine, die mehr wirtschaftlichen Verstand in ihrer Führungsebene dringend gebrauchen könnten. Stimmt`s, liebe Löwen?

Und ganz ehrlich: Selbst als glühender Bayern-Fan wünsche ich mir einfach mehr echte Konkurrenz in der Bundesliga.

Fazit

Nicht nur aus rechtlicher Sicht, sondern auch aus sportlicher Sicht macht die 50+1-Regel einfach keinen Sinn. Sie wurde längst vom Markt überholt und ändert sich in den kommenden Jahren nichts, wird die deutsche Bundesliga, die ungemein attraktiv ist, einfach auf der Strecke bleiben. Vor allem damit die Meisterschaft nicht von vornherein nur zwischen zwei Teams ausgespielt wird und auch Mannschaften wie Mainz, Augsburg oder Hertha BSC in der Europa League mithalten können, wäre eine Abschaffung nur richtig.

Möge der Shitstorm mit mir sein.

 

photo credit: ©Sam Wolff, creative commons (CC BY 2.0); Steven Depolo (flickr), creative commons (CC BY 2.0)

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